Die Pflumeschlucker im Narren-Spiegel der Geschichte

 

Wie wurde was ist und wie es ist... Erste Scheme von 1765...  Hinweis auf organisierten Verein 1889... Die Straßenfastnacht und die Fasnetspiele....

 

1765 - 1892

Vom Anfang bis 1892

Wer sich mit dem Ursprung der Bonndorfer Fastnacht beschäftigt, stößt bald auf die Zahl 1765 und damit auf das Datum der ersten nachweisbaren Maske in Bonndorf.

Quelle der ersten Scheme in Bonndorf ist das „Zunftbuch der Schreiner, Schlosser, Dreher und Kammmacher (letzte haben nichts mit der Herstellung von Kämmen, sondern mit Holzkammrädern für Mühlen und Sägewerke, also Wasserrädern zu tun“). In diesem Zunftbuch aus dem 18. Jahrhundert, das in einer speziellen Vitrine der Vitrine der Schloss-Narrenstuben aufbewahrt wird, finden sich mit Datum 27. May 1765 und danach Hinweise auf die Handwerksskunst der Dreher und Schreiner, die als Meisterstück eine Billardkugel und eine Scheme anzufertigen und zur Prüfung vorzulegen hatten.

Der Eintrag von 1765 im Zunftbuch mit der Erwähnung der Scheme gilt bei Fachleuten und Volkskundlern als gültiger Beleg.

Aus dieser Zeit stammt auch unsere Fasnetfigur der Fotzli Hansili.

Drei große Brände in Bonndorf im Verlaufe der vergangenen zweihundert Jahre (1810, 1827, 1842) haben viele Bürgerhäuser und große Teile der Stadt samt Rathaus, Post, Domänenverwaltung und sämtliche Gasthäuser eingeäschert - und auch (fast) alle Akten vernichtet.

1889 ist ein bedeutendes, ja ein entscheidendes Jahr der Dokumentation der Pflumeschlucker-Chronik.  Die Schwarzwälder Zeitung veröffentlichte in jenem Jahr ein Inserat, in dem der Turnverein Bonndorf einlud:

"Heute, Freitag, 1. Februar, Abends, präzis 8 Uhr findet im Vereinslokal im "Kranz" die regelmäßige Monatsversammlung statt, u. soll nach Erledigung der Tagesordnung gegen 9 Uhr eine Besprechung wegen der Abhlatung von Fastnachtsveranstaltungen nebst Gründung einer Carnevalsgesellschaft stattfinden"

Der Gründungsversammlung vom 1. Februar 1889 schloss sich schon am 9. Februar im "Kranz" die erste reguläre Narrensitzung an. Dann ging es Schlag auf Schlag.... Im Einladungs-Inserat zur 3. Sitzung im Schnitzer heißt es:

"Die Mitglieder des närrischen Comitees und der Hofkapelle Seiner Tollität sind gebeten, sich präcis 1/2 8 Uhr im "Kranz" zu versammeln. Auch Pflumeschlucker sind willkommen. Präcis um 8 Uhr erfolgt bei klingendem Spiel Abmarsch nach dem Sitzungslokal "Schnitzer".

Der erste Vorstand 1889: Das Comitee

...Durch engere Wahl hat sich das Comitee, nunmehr wie folgt definitiv constituirt:

Präsident: Pflumeschlucker Wethel
Vizepräsident und Sekretair: Pflumeschlucker Fischer
Kassierer: Pflumeschlucker Albrecht
Ceremonienmeister: Die Pflumeschlucker Sieber und Buttler
stellv. Ceremonienmeister: Die Pflumeschlucker Goetz und Kohler
Beisitzer: Pflumeschlucker Bühler, Gleichauf, Lüber und Rogg

1889 gilt somit als Gründungsjahr der Zunft.

Quelle: Buch "Geschite(n) der Bonndorfer Fastnacht von Ulrich Werner Schulze

1892 - 1924

Von 1892 bis 1924

1893 gibt es den ersten anerkannten schriftlichen Nachweis des stilisierten Hansele wie er z.B. auf der Rückseite des Welschhemdes zu sehen ist:

Auch im "Galgenvogel" - ein humoristisch-sathyrisches Fastnachtsblatt - von vermutlich 1892 ist der stilisierte Kopf bereits zu sehen.

1903 notiert das Versammlungsprotokoll der Pflumeschlucker, der Gesamtvorstand der Narrengesellschaft werde (nach karnevalistischem Vorbild) in "Elferrat" umbenannt. Adolft Vogt wurde zum Prädsidenten gewählt. Wie lange die Bezeichnung Präsident hielt, ist nicht bekannt.

1909 führten die Pflumeschlucker als großes Spektakel die Revolution 1848 auf, mit richtiger Schlacht  am Lindenbuck - unter Aufbietung von Infanterie, Artillerie, Kavalleri und Freischärlern... danach war Fastnachtspause, die Narrengesellschaft pleite. Erst 1911 ging es weiter (49 Mitglieder). Das in diesen Jahren schwierige Amt des Narrenvaters übernahm 1912 Arthur Abrecht, der es bis 1918 innehatte. Die zwischenzeitlichen Kriegsjahre werden als "ruhend" bezeichnet.

1918 übernahm Karl Julius Vogt, Neffe von Adolf Vogt, ebenfalls Hotelier des Bahnhofhotels, das Amt des Zunftmeisters.

1923 wurde die Musik zum Pflumeschlucker geschaffen, der Narrenmarsch. Es gilt als sicher, dass dem Narrenmarsch die Melodie des Leipziger Pferdemarsches zu Grunde liegt. Allerdings gibt es keinen schriftlichen Beleg dafür.

Aus einem Brief von Julius Vogt, den er wahrscheinlich 1921 geschrieben hat, wird bereits der Stammen erwähnt:

"Am schmutzige Dunschdig ist jeweils originelles Fastnachtsankünden durch den Elferrat. Letztes Jahr sassen alle Elfe auf einem grossen Baumstamm, im Wichs natürlich und fuuhren durch das Städtchen, überall das Programm verldesend..."

Malermeister August Kramer gestaltete zusammen mit dem Narrenrat das Pflumeschluckerhäs. Dessen erste Fassung aus dem Jahr 1924 ist in den Schloss-Narrenstuben ausgtestellt. Der Bildhauer Andreas Hugel aus Karlsruhe, ein gebürtiger Bonndorfer, entwarf die Scheme, eine Charaktermaske anstelle der Glattlarve, einen freundlichen Gesellen mit der Pflaume im Mund.

1925 - heute

In der Zeit um 1925 enstand unsere heutige Figur, der "Pflumeschlucker". Im Jahr 1929 ist ein Auftrag über 10 Stück Holzmasken für das Folgejahr schriftlich notiert. Die zum Pflumeschlucker gehörenden Narrenglocken wurden am 15. Januar 1930 von Karl Killy aus Villingen den Bonndorfer Pflumeschlucker in Rechnung gestellt.

1929 ist auch das Jahr, an dem die Pflumeschlucker in den "Gauverband der Badischen und Württembergischen Narrozünfte" mit Sitz in Villingen beitraten, die Vorgänger-Organisation der VSAN, Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte. Diese wurde fünf Jahre zuvor, im Jahre 1924 gegründet.

Die dreißiger Jahre bis zum Beginn des zweiten Weltkrieges hinterließen auch bei den Bonndorfer Narren ihre speziellen Spuren – die Politik ließ sich aus der Fastnacht kaum heraushalten, sie bestimmte mit. Überliefert ist, das der Elferrat und einige Hansele im Februar 1933 am großen Narrentreffen der Schwäbisch- Alemannischen Narrenzünfte in Stockach teilnahmen, und zwei Jahre später, 1935, in Rottweil auftraten. Schon damals war die Stadtmusik dabei.

1940 - 1947 fand wegen des Krieges keine Fastnacht statt.

Im Januar 1948 trug Walter Thomas dem Gouvernement Militare Neustadt die Bitte vor, Fastnachtsveranstaltungen der Zunft der Pflumeschlucker zu gestatten. Der Antrag wurde am 26. Januar von Bürgermeister Leo Speck (Bürgermeister in Bonndorf von 1946 bis 1957) befürwortet. Nachdem auch die französische Militärregierung am 31. Januar 1948 Fastnachtsveranstaltungen genehmigte, waren die Pflumeschlucker wieder etabliert.

Vielen Bonndorfern nicht bekannt ist der Ursprung des so genannten Pflumeschluckerliedes “Die bsundri Sorte“, das mit der Zeile beginnt: "Pflumeschlucker sind jetzt auch wieder wach, Narri…..“. Gewöhnlich werden drei Strophen gesungen, es hat aber im Original acht! Verfasst hat es Karl Vesenmayer im Jahre 1948, ein Onkel von Hedwig Hany.

1950 wurde die Hauptversammlung der VSAN zum ersten Mal in Bonndorf ausgerichtet.

1953 war das Narren-Freundschaftstreffen in Bonndorf.

1961 taucht die Bezeichnung Narrenrat das erste mal verbindlich auf. Zuvor war die Bezeichnung Elferrat verwendet worden.

1987 war das 2. Narren-Freundschaftstreffen in Bonndorf.

1992 wurde die Hauptversammlung der VSAN zum zweiten Mal in Bonndorf ausgerichtet.

2013 war das 3. Narren-Freundschaftstreffen in Bonndorf.

2017 wurde die Hauptversammlung der VSAN zum dritten Mal in Bonndorf ausgerichtet.